Praha-Staré Město (Prager Altstadt)

Kath. Pfarrkirche Panna Marie před Týnem (Teynkirche)

Staroměstské náměstí • CZ-110 00 Praha 1


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Kirche

1365 begann man mit dem Bau der dreischiffigen, gotischen Teynkirche (Týnský chrám), auch „Kirche der Jungfrau Maria vor dem Teyn“ (Kostel Panny Marie před Týnem) genannt. Erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurden die Türme fertiggestellt. 1390 wurde in Peter Parlers Hütte das Tympanon über dem Nordportal erschaffen. Es stellt die Leiden Christi dar. Im Inneren befinden sich eine gotische Kanzel, die am Altar des nördlichen Seitenschiffes zu sehende Kalvarienszene aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts und zwei Sedilia am Abschluss der Seitenschiffe mit Bildnisköpfen um 1400. Außerdem steht dort das älteste aus dem Jahre 1414 stammende Prager Taufbecken aus Zinn, ein spätgotischer Steinbaldachin aus dem Jahr 1493 von Matthias Rejsek und viele Holzschnitzereien. Die Gemälde von Karel Škréta aus den Jahren 1648-1660 sind am Hauptaltar und an den Seitenaltären zu finden. Rechts vom Hauptaltar steht das Grabmal des am Hofe des Kaisers Rudolf II. wirkenden dänischen Astronomen Tycho Brahe aus dem Jahre 1601. Der vom Markt aus gesehen rechte Turm ist ein klein wenig dicker als der Linke. Der Rechte wird gemeinhin als „Adam“ bezeichnet, der linke als „Eva“. In den Sommermonaten spendet Adam Eva Schatten, deshalb diente Eva im Mittelalter als Lager für leicht verderbliche Lebensmittel.

Orgel

Die Orgel der Teynkirche ist das größte Werk des böhmischen Hochbarock in Prag und gilt als älteste erhaltene Orgel der Stadt. Auch durch ihren hohen Erhaltungsgrad des Ursprungszustandes und die wegweisende Restaurierung durch Orgelbau Klais zählt die Teynkirchen-Orgel zu den Orgeldenkmälern europäischen Ranges.

Die Vorgängerorgel von Albrecht Rudner aus dem Jahr 1573 stand im nördlichen Seitenschiff. Als die neue Westempore des italienischen Architekten Domenik Orsi errichtet war, war auch der Weg frei für eine neue große Orgel.

Die Gegenreformation brachte viele ausländische Künstler und Handwerker nach Böhmen. Unter ihnen war auch ein gewisser Hans Heinrich Mundt, geboren 1632 in Köln am Rhein. Vermutlich kam Mundt in den Jahren seiner Wanderschaft nach Böhmen und wurde dann auch hier ansässig. Orgelbau hatte er in Prag bei Hieronymus Artmann gelernt. Vor der Teynkirchen-Orgel baute er bereits verschiedene Orgeln – im Zisterzienserkloster Osseg in Nordböhmen und zum Beispiel auch in der St. Thomaskirche auf der Kleinseite. Von diesen ist heute nichts mehr erhalten.

Ende September des Jahres 1670 erhielt Mundt ein Angebot vom Magistrat der Prager Altstadt. Der Vertrag wurde sofort unterschrieben und noch im November begannen die Arbeiten. Innerhalb von drei Jahren wurde die neue Orgel in der Teynkirche fertig. Das Gehäuse war vermutlich schon vor dem Orgelwerk fertiggestellt – auf der Rückseite der Wappenkartusche auf dem Rückpositivgehäuse findet sich nämlich die Jahreszahl 1671. Die gesamte Orgel wurde nach dreieinhalbjähriger Bauzeit am 28. April 1673 kollaudiert. Da einige Nachbesserungswünsche bestanden, musste Mundt die Disposition ändern und das Werk neu intonieren, woraufhin die endgültige Abnahme am 9. Juni 1673 erfolgte.

Durch den Kirchenbrand 1676 war die neue Orgel stark in Mitleidenschaft gezogen und konnte drei Jahre lang nicht gespielt werden, bis sie der inzwischen aus Prag verzogene Heinrich Mundt wiederherstellte. Neben einigen kleineren Reparaturen im 18. Jahrhundert änderte Josef Gartner (Prag) 1823 die Stimmtonhöhe vom tieferen Chorton auf die moderne Kammertonhöhe; außerdem wurden bei dieser Arbeit die Pedalmixtur und die Klaviaturen erneuert. Geldmangel war der glückliche Hauptgrund dafür, dass im Laufe der Geschichte keine weiteren Veränderungen oder gar der Ersatz der Mundt-Orgel erfolgten.

Die mangelnde Pflege machte es notwendig, die Orgel Ende des 21. Jahrhunderts umfassend zu restaurieren. Den Aufrtag für die Restaurierung bekam die Bonner Orgelbaufirma Johannes Klais. Hans-Wolfgang Theobald von der Firma Klais war federführend bei den umfangreichen Arbeiten in den Jahren 1998-2000. Die Orgel wurde in ihren Ursprungszustand zurückversetzt. Zugleich waren die Vorgehensweisen der Restaurierung wegweisend für die durch die Zeit des Kommunismus vom europäischen Standard noch weit entfernte Restaurierungspraxis in der tschechischen Republik. Abgesehen von der Restaurierung des barocken Orgelgehäuses wurden die Kosten für die eigentliche Restaurierung komplett von deutscher Seite getragen.

Das Orgelgehäuse teilt sich in das Hauptgehäuse mit den Pfeifen von Haupt- und Pedalwerk und das Rückpositivgehäuse, dessen Pfeifen vom zweiten Manual aus angespielt werden. In der Hauptorgel sind die drei größten Mittelfeld- und die jeweils größte Seitenfeldpfeife stumm und nur als halbe Vorderseitenpfeife ohne Rückhälfte gebaut; die Labien sind mit Holz verblendet. Die Spielanlage ist in den Fuß des Hauptgehäuses eingebaut. Die Registerzüge befinden sich zu beiden Seiten der Anlage. Die Manualkoppel ist als Schiebekoppel gebaut. Die drei rekonstruierten Keilbälge befinden sich im Turmraum rechts neben der Orgel.

Disposition

I. Hauptwerk        C/E – c³

II. Rückpositiv      C/E – c³

Pedal                    C/E – aº

Bourdun Flauta              16.

Principal                           8.

Flauta dulcis                    8.

Salicional                         8.

Quintatöne                       8.

Copula major                   8.

Octava                            4.

Copula minor                   4.

Quinta major                    3.

Superoctava                   2.

Quinta minor                11/2

Sedecima                        1.

Mixtura 4-6fach.

Cembalo 4fach.

[Manualschiebekoppel]

Copula major                   8.

Principal                           4.

Flauta amabilis                 4.

Octava                            2.

Quinta                          11/2.

Quintadecima                 9+

Rauschquint 2fach

Mixtura 3fach.

 

 

 

 

Cimbelstern [I]

Cimbelstern [II]

Calcantenglocke

Subbaß offen                16.

Subbaß gedeckt            16.

Octavbaß                        8.

Quintbaß                         6.

Superoct.baß                  4.

Mixtura 2-4fach.

Posaunbaß                      8.

Bildergalerie

Literatur

Hans-Wolfgang Theobald, Die Johann-Heinrich-Mundt-Orgel von 1671-73 in der Teynkirche zu Prag, in: Ars Organi 50, 2002, S. 27-34

© Gabriel Isenberg, 2009