Orgel von Alfred Führer (Wilhelmshaven), 1964.
Bereits in der alten, um 1200 um die Burg der Grafen von Calvelage-Ravensberg entstandenen Pfarrkirche St. Georg gab es offenbar eine Orgel. Laut einer auf den Remigius-Tag 1414 datierten Urkunde hatten die Ratmannen und Baumeister der Pfarrkirche eine jährliche Rente zurückgekauft, die für das Orgelwerk verwendet werden sollte. Genauere Hinweise, ob tatsächlich ein Instrument angeschafft wurde und wie dieses beschaffen war, haben wir nicht – aber zumindest ist mit dieser Urkunde die Absicht fixiert, dass es zur Anschaffung einer Orgel für die Pfarrkirche in Vechta kommen sollte.
In der 1452 errichteten und 1598 renovierten spätgotischen Pfarrkirche wissen wir erst aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts von der Existenz einer Orgel: Das Protokoll der Dekanatsvisitation 1630 spricht von einer Orgel, die der Erneuerung bedürfe. 1652 ist erneut von einer Orgel die Rede, die aber völlig verdorben („totaliter corrumptum“) gewesen sein soll. Im Laufe der 1650er Jahre scheint es dann zum Bau einer neuen Orgel oder der Erneuerung des vorhandenen Instruments gekommen zu sein, denn im Visitationsprotokoll vom 24. September 1660 ist eine neue und bemalte Orgel erwähnt. 1690 wird die Zahl von 14 Registern genannt, die Notizen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts zufolge offenbar auf Haupt- und Brustwerk (nebst einem angehängten Pedal) verteilt waren. 1750 versetzte der in Orgelbaufragen bewanderte Rektor Franz Wilhelm Caesar die Orgel nach einem Plan des Orgelbauer Heinrich Wilhelm Eckmann auf die Westempore und verlegte in diesem Zuge auch die zuvor frontal eingebaute Spielanlage an die Seite des Instruments.
Im Jahr 1817 kam es zum Bau einer neuen Orgel nach den Plänen des Orgelbauers Gerhard Janssen Schmid (Schmid I) aus Oldenburg, ausgeführt durch seinen Bruder Anton Franz Schmid in Quakenbrück. Das 23 Register umfassende Instrument wurde 1837 durch Johann Bernhard Kröger aus Goldenstedt renoviert und in einigen Punkten verändert.
1895 erhielt die St.-Georgs-Kirche eine neue Orgel aus der Werkstatt des Bernhard Kröger in Vechta: ein mechanisches Kegelladen-Instrument mit 31 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Die alte Orgel von Schmid wurde zuvor nach Strücklingen verkauft. Die Kröger-Orgel hatte nur rund 35 Jahre Bestand und wurde 1931 durch einen großen Orgelneubau aus der Werkstatt Franz Breil in Dorsten abgelöst. Die Breil-Orgel hatte elektropneumatische Trakturen und umfasste eine Disposition von 34 Registern, verteilt auf zwei Manuale und Pedal.
Die heutige Orgel ist ein Werk aus der Orgelbauwerkstatt von Alfred Führer in Wilhelmshaven (die Breil-Orgel wurde nach Brockdorf übertragen) und wurde am 20. März 1964 eingeweiht. Die drei Manualwerke verteilen sich auf Hauptwerk und Rückpositiv sowie ein weiter hinten im Turmraum positioniertes Schwellwerk – das Pedalwerk ist auf die zwei an den äußeren Flanken der Empore aufgestellten Pedaltürme aufgeteilt. Der freistehende Spieltisch steht zwischen Rückpositiv und Hauptgehäuse.
Im Laufe der Zeit wurden mehrfach Veränderungen an dem Instrument durchgeführt. Nach einer ersten Reinigung 1973 baute die Fa. Führer 1975 die Registeranlage um. Um dem im Turmbogen stehenden Schwellwerk eine bessere Klangentfaltung zu geben, wurden 1990 durch die Fa. Führer Haupt- und Schwellwerk vorgezogen; die Schwellwerksladen wurden zusammengerückt und das Schwellwerksgehäuse sowie die Register- und Spieltraktur entsprechend geändert. 1998 erfolgte eine Reparatur der Prospektpfeifen. 2004 übernahm Johannes Dieter Poll aus Cäciliengroden (als ehemaliger Mitarbeiter der inzwischen nicht mehr existierenden Fa. Führer) eine Reparatur und Überholung der Orgel. Schließlich führte die Orgelbauwerkstatt Harm Dieder Kirschner (Stapelmoor) 2018/19 im Rahmen einer umfassenden Kirchensanierung eine Generalüberholung, Reinigung und Umdisponierung aus, bei der auch eine neue Setzeranlage eingebaut wurde.
I. RÜCKPOSITIV | C–g³
Rohrgedackt 8'
Principal 4'
Blockflöte 4'
Flachflöte 2'
Quinte 1 1/3'
Sesquialter 2f. [bis 2018 Glockenton 4f. 2 2/3']
Mixtur 4f. 1'
Dulcian 16'
Krummhorn 8'
Tremulant
II. HAUPTWERK | C–g³
Principal 8'
Gemshorn 8'
Octave 4'
Rohrflöte 4'
Quinte 2 2/3'
Octave 2'
Mixtur 6-8f. 1 1/3'
Trompete 16'
Trompete 8'
Koppel III–II
Koppel I–II
III. SCHWELLWERK | C–g³
Bleigedackt 8'
Gamba 8' [1975–1990 Principal 2']
Schwebung 8'
Fugara 4' [bis 2018 Nachthorn 4']
Flûte ocatvin 2' [bis 2018 Principal 2', 1975–1990 Octave 1']
Sesquialter 2f.
Mixtur 4-6f. 2' [bis 2018 1', urspr. 2/3']
Bombarde 16'
Oboe 8'
Schalmey 4'
Tremulant
PEDAL | C–f¹
Principal 16'
Subbaß 16'
Quintbaß 10 2/3' [bis 2018 Partialton 3f.]
Octave 8'
Gedackt 8'
Octave 4' [bis 2018 Quintade 4']
Nachthorn 2'
Mixtur 5f. 2'
Posaune 16'
Trompete 8'
Trompete 4'
Koppel III-P
Koppel II-P
Koppel I-P
Elektronische Setzeranlage mit Sequenzern, Zungen ab.
[bis 2018: 5facher Setzer, für die Werke separat schaltbar, zusätzlich 2 Pedalsetzer, Zungeneinzelabsteller, Pleno, Nulltaster – Bedienung der Spielhilfen über Setzerkasten links neben dem Spieltisch]
Schleiflade, mechanische Spieltraktur, elektrische Registertraktur
D-49377 Vechta | An der Propstei
Quellen und Literatur: Winfried Schlepphorst, Der Orgelbau im westlichen Niedersachsen, Kassel u. a. 1975 ⋄ Fritz Schild, Orgelatlas der historischen und modernen Orgeln im Gebiet der Kath. Kirche im Oldenburger Land, 2011 (unveröff.) ⋄ Archiv Orgelsachberatug des BMO Vechta ⋄ Eigener Befund.
Nr. 523 | Diese Orgel habe ich zum ersten Mal am 18.06.2017 gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 16.11.2024.
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023