Wachtendonk, St. Michael

Orgel von Romanus Seifert & Sohn (Kevelaer), 1988, im Gehäuse der Orgel von Chrysanth Henseler (Kempen), 1883.


© Monika Koch, 10.05.2023 (mit freundlicher Genehmigung)
© Monika Koch, 10.05.2023 (mit freundlicher Genehmigung)

Bereits in der gotischen Pfarrkirche, 1381 begonnen und 1516 nach einem Brand wieder aufgebaut, gab es eine Orgel, über die allerdings nichts Näheres bekannt ist. Für das Jahr 1684 wird erstmals ein Organist erwähnt.

Nach dem großen Stadtbrand von 1708 wurde die Kirche unter Mithilfe der Herrin von Wachtendonk, Dorothea Fürstin von Dietrichstein, geborene Prinzessin zu Salm-Salm, wiederhergestellt. Dabei erhielt sie auch eine neue Orgel, 1715 erbaut von dem bis in die 1730er-Jahre in Aachen nachweisbaren Rembold Honseler.

1883 baute Chrysanth Henseler aus Kempen – ein Schüler Franz Wilhelm Sonrecks – eine neue Orgel mit 24 Registern, im Manual mit Schleifladen, im Pedal Kegellade; die Disposition hatte Sonreck entworfen. Die von dem Bildhauer Perey aus Kempen gelieferte Prospektfront ist bis heute erhalten. Die Henseler-Orgel tat bis in die 1920er-Jahren ihren Dienst, wurde dann aber dem Zeitgeschmack entsprechend grundtönig umdisponiert und 1926 durch Ernst Seifert auf Membranenladen nach eigenem System neu errichtet. Ein weiterer Umbau erfolgte nach dem Zweiten Weltkrieg, wobei wiederum dem Zeitgeist entsprechend die Orgel elektrifiziert und die Disposition aufgehellt wurde. Da die Orgel bald nicht mehr befriedigte, wurde in den 1960er-Jahren ein Elektronium aufgestellt, dessen Lautsprecher hinter dem Pfeifenprospekt standen.

1988 erhielt die St.-Michaels-Kirche ein neues Instrument aus der Orgelbauwerkstatt Romanus Seifert & Sohn (Kevelaer). Bei der Konzeption der neuen Orgel stand die Cavaillé-Coll-Orgel in Saint-Étienne in Elbeuf (1898) Pate, an der sich vor allem die Ausführung des Pfeifenwerks orientiert. Auch Windladen, Trakturen und Spieltisch sind deutlich dem Vorbild Aristide Cavaillé-Colls in seiner späten Schaffensperiode nachempfunden. Damit ist die Wachtendonker Orgel ein typisches Beispiel des in den 1980er-Jahren aufkommenden neo-symphonisch/romantischen Orgelbaus, noch ohne den Stil wirklich in letzter Konsequenz zu kopieren.

Haupt- und Pedalwerk stehen auf einer gemeinsamen Lade hinter der Prospektfront. Darunter ist das Récit untergebracht, dessen Schwellertüren sich nur um etwa 45° öffnen lassen, das aber dennoch eine außerordentlich hohe Wirksamkeit besitzt. Die Orgelweihe fand am 5. Mai 1988 mit Daniel Roth (Paris) an der Orgel statt. Der mächtige Klang füllt den Kirchenraum gut.

Aus Platzgründen musste der Spieltisch seitlich links an die Orgel angebaut werden. Er ist nach Cavaillé-Coll'schem Vorbild gebaut; die Registerstaffeln liegen in je vier Reihen links und rechts neben den drei Manualen (davon das erste als Koppelmanual). Auf der rechten Seite befinden sich die „Jeux de combinaison“. Durch Drehen dieser Registerzüge (außer Voix humaine) um 90° im Uhrzeigersinn können die entsprechenden Registerkombinationen vorgewählt und durch die Appel-Tritte aufgerufen werden. Als Fußtritte über der Pedalklaviatur sind vorhanden: Tirasses / Appels: Pédale, Cornet, Jeux de Combinaison G.O. und Réc. / Trémolo Récit / Expression (Schwelltritt). Die Spielventile sind doppelt angelegt, die Betätigung des zweiten Ventils erfolgt jeweils über Barkerhebel.

I. CLAVIER d'ACCOUPLEMENT | C–g³

[II und III auf I gekoppelt]

II. GRAND ORGUE | C–g³

Bourdon 16'

Montre 8'

Bourdon 8'

Flûte harmonique 8'

Salicional 8'

Prestant 4'

*Doublette 2'

Cornet [5f.]

*Plen-Jeu [4f.]

*Trompette 8'

*Clairon 4'

III. RÉCIT EXPRESSIF | C–g³

Flûte traversière 8'

Voix céleste 8'

Flûte octaviante 4'

*Quinte 2 2/3'

*Octavin 2'

*Carillon [1–3f.]

*Basson et Hautbois 8'

*Trompette 8'

Voix humaine 8'

Tremblant Réc.

PÉDALE | C–f¹

Soubasse 16'

Flûte 8'

*Bombarde 16'

*Trompette 8' [Tr. II]

*Clairon 4' [Tr. II]

Tirasse G.O.

Tirasse Réc.


Anches Péd. Appel/Renvoix, Appel Cornet, Expression [=Schwelltritt], *Jeux de Comb. G.O. Appel/Renvoi, *Jeux de Comb. Rec. Appel/Renvoi, Soufflérie [=Windmotor), Sonnette [= Schellenzug].

Mechanische Schleiflade, doppelt angelegte Spielventile mit Barkerhebel für das zweite Ventil.

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D-47669 Wachtendonk | Kirchplatz 3


Quellen und Literatur: Gregor Klein, Die Seifert-Orgel von St.-Michael in Wachtendonk, in: Ars Organi 1/1989, S. 33–38 ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 103 | Diese Orgel habe ich am 21.08.2000 im Rahmen meiner zweiten „Ruhrgebiets-Orgeltour“ gespielt.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 19.05.2023.