Kirchstraße • D-57399 Kirchhundem
Von einer ersten Kapelle in Welschen Ennest (heute eingemeindet zu Kirchhundem im südlichen Sauerland) wird bereits zwischen 1650 und 1686 berichtet, im 18. Jahrhundert folgte ein Bau im Renaissance-Stil. Die heutige Kirche wurde im Jahr 1902 fertiggestellt. Durch den Bau der Eisenbahnlinie Ruhr-Sieg erlangte die Gemeinde Bedeutung und wuchs schnell, was die neue Kirche sehr bald als zu klein erscheinen ließ. Der neugotische Bau nach den Plänen Johann Adam Rüppels besticht durch seine schlanken Formen und den Turm, der das Ortsbild prägt. Allerdings stellt das Mauerwerk wegen seiner Feuchtigkeit auch nach den Sanierungsmaßnahmen in den 1990er Jahren bis heute ein Problem dar.
Die erste Orgel in Welschen Ennest, von der weder Erbauer noch Disposition bekannt sind, wurde 1885/86 aufgestellt. Sie wurde 1902 in die neue Kirche übertragen und 1920 durch Ernst Tennstädt (Lippstadt) durch einen Prinzipal 8’ im Prospekt erweitert. Ein Instrument von angemessener Größe lieferte schließlich Anton Feith (Paderborn) im Jahre 1926/27. Das Pfeifenwerk wurde in einem großen Schwellkasten auf dem Dachboden aufgestellt, um in der Kirche keinen Sitzplatz opfern zu müssen. Doch allein die pneumatische Steuerung mit ihrem langen Weg vom Spieltisch auf der Empore zum Orgelwerk stellte eine problematische Konstruktion dar. Dazu kam der Umstand, dass ein Laufgang zum Dachboden mitten durch die Orgel führte und natürlich die klimatischen Verhältnisse hier alles andere als günstig für das Instrument waren. Nach der Umstellung auf elektrische Traktur 1948 erfolgte bei einer Kirchenrenovierung ein größerer Umbau in den Jahren 1958/59 durch die Firma Ernst Seifert (Bergisch Gladbach). Dabei wurde die Disposition auf 23 Register erweitert und das komplette Pfeifenwerk „freischwebend“ mit neuem Prospekt und ohne Gehäuse im rechten Querschiff plaziert. Die Orgel hatte nun allerdings unter der Feuchtigkeit der Nordwand und der heißen Luft aus dem darunter liegenden Heizungsschacht (Kondenswasserbildung) zu leiden. Schließlich wurde das Instrument 1975 kurzerhand abgerisse, und seitdem stand ein Elektronium zur Gemeindebegleitung zur Verfügung.
Mit der Gründung des Orgelbauvereins 1998 begannen die Planungen zum Bau einer neuen großen Orgel. Der Siegener Orgelbaubetrieb von Hans Peter Mebold erhielt den Auftrag. Durch den plötzlichen Tod von Hans Peter Mebold am 21. Juli 2001 musste sein langjähriger Mitarbeiter Johannes Tobias Späth die Leitung des Projektes übernehmen. Zum hundertjährigen Kirchweihjubiläum konnte das neue Instrument am 8. September 2002 eingeweiht werden.
Die äußere Gestalt der Orgel passt sich behutsam den neugotischen Formen der Kirche an, zeigt sich aber dennoch als Kind ihrer Zeit. Auch die Disposition geht auf romantische Klangideale ein, spricht aber dennoch ganz die eigene musikalische Sprache Hans Peter Mebolds. Die Pfeifen von Hauptwerk und Pedal stehen auf einer gemeinsamen Lade im Hauptgehäuse. Dahinter steht das Schwellwerk auf gleicher Höhe mit frontalen und seitlichen Jalousein. Die Registerzüge befinden sich im Speiltisch links und rechts neben dem Notenpult. Die elektronische Setzeranlage kann über Schalter unter der ersten Manualklaviatur bedient werden. Außerdem sind die Sequenzer auch als Fußpistons gebaut. Eine Digitalanzeige über dem zweiten Manual zeigt die Setzerkombinationen an. Der Zug für den Zimbelstern ist versteckt an der rechten Seite unter den Manualklaviaturen angebracht.
Die Spieltraktur ist vollmechanisch, in den Manualen hängend. Die Registertraktur ist elektrisch. Die Windladen sind nach dem Schleifladen-System erbaut.
I. HAUPTWERK | C–g³
Bordun 16'
Prinzipal 8'
Gedackt 8'
Gambe 8'
Octave 4'
Gemshorn 4'
Nasat 2 2/3'
Superoctave 2'
Mixtur 4f. 1 1/3'
Trompete 8'
Tremulant
Koppel II–I
II. SCHWELLWERK | C–g³
Rohrflöte 8'
Salicional 8'
Schwebung 8'
Geigenprinzipal 4'
Blockflöte 4'
Quinte 2 2/3'
Hohlflöte 2'
Terz 1 3/5'
Larigot 1 1/3'
Sifflöte 1'
Oboe 8'
Tremulant
PEDAL | C–f¹
Subbaß 16' [Tr. I]
Gemsbaß 8'
Octave 4' [Tr. I]
Corno 16'
Trompete 8' [Tr. I]
Koppel II–P
Koppel I–P
Zimbelstern.
Setzeranlage (1000 Komb.) mit Sequenzern, Tutti und Nulltaster, abschließbar; frei einstellbares Registercrescendo (mit „Walze an“).
© Gabriel Isenberg, 2002 / 2004
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023