Orgel von der Manufacture d'orgues Muhleisen (Strasbourg), 1993,
im Gehäuse der Orgel von Henricus Titz (Korschenbroich), 1752.
Die in ihrer Baugeschichte auf das 14. Jahrhundert zurückreichende St.-Nikolaus-Kirche in Walbeck bei Geldern (unmittelbar an der Grenze zu den Niederlanden) bekam im Jahr 1803 ihre erste Orgel, die im Zuge der Säkularisation aus dem Kreuzherrenkloster Venlo/NL nach hier gebracht worden war.
Dort im Venloer Kreuzherrenkloster hatte der in Korschenbroich ansässige Orgelbauer Henricus Titz sen. 1752 ein neues Instrument geschaffen, das dem rund zehn Jahre zuvor von Titz für die Kreuzherrenkirche St. Nikolaus in Brüggen erbauten „Schwesterinstrument“ (bis heute dort erhalten) sehr ähnlich war. Die ursprüngliche Disposition der Venloer Orgel ist nicht überliefert, da Johann Theodor Gilman aus Kornelimünster 1770 einen völligen Umbau des Instruments durchführte; dabei wurde unter anderem die Spielanlage an die Rückseite der Orgel verlegt.
Die Übertragung der Orgel aus dem 1797 aufgehobenen Kreuzherrenkloster Venlo nach Walbeck erfolgte 1803 durch den Schreiner Berkulaer und Johann Henricus Titz jun. aus Grefrath. Bei einer größeren Reparatur im Jahr 1820 versetzte der Orgelbauer Pieter Frans van Dinter aus Tegelen/NL die Spielanlage auf die linke Seite und erweiterte den Klavierturumfang auf den ungewöhnlichen Ambitus bis c⁴. Ein 1890 durch die Orgelbauwerkstatt Bernhard Tibus aus Rheinberg geplanter größerer Umbau kam nicht zur Ausführung, aber aus den entsprechenden Unterlagen geht erstmals die Disposition der Orgel hervor.
1929 war das Ende der Barockorgel besiegelt, als ein neues, spätromantisch-orgelbewegtes Werk der Orgelbauanstalt Franz Breil (Dorsten) hinter den barocken Prospekt gesetzt wurde. Die neue Breil-Orgel wurde zum 600-jährigen Jubiläum der Walbecker Kirche am 24. August 1930 eingeweiht.
Im Jahr 1986 stand ein Orgelneubau an, bei dem es galt, ein Werk zu schaffen, das klanglich und technisch in harmonischem Einklang mit dem alten Gehäuse steht. Dazu wurden alle verfügbaren Spuren ausgewertet und die Eigenarten der ursprünglichen Disposition aufgegriffen, um sich der historischen Orgel so weit wie möglich zu nähern. Die Arbeiten wurden von der Elsässer Manufacture d'orgues Ernest Muhleisen aus Strasbourg durchgeführt und mit der Orgelweihe am ersten Adventssonntag 1993 abgeschlossen. Es entstand ein erstklassiges Instrument von beeindruckender Klangschönheit, das dem prächtigen Gehäuse im Klang ebenbürtig ist.
Das Werk der „Groß Orgel“ steht im oberen Hauptgehäuse in C- und Cis-Seite geteilt, dem Prospekt folgend in Terzaufstellung. Das Positiv in chromatischer Aufstellung ist im Untergehäuse untergebracht. Unsichtbar vom Kirchenschiff steht das Pedalwerk in einem eigenen Gehäuse über dem Spieltisch hinter dem Hauptgehäuse, diatonisch in C- und Cis-Seite geteilt.
In der auf der Rückseite der Orgel eingebauten Spielanlage sind die Registerzugknäufe drehbar, um die gewünschten Register für die Plenumtritte vorzubereiten. Über Fußtritte können die Plena für Groß Orgel und Positiv eingeschaltet werden. Als Tritte sind ebenfalls die Zungen-Appels und die Pedalkoppeln vertreten. Die hängende Spieltraktur erlaubt ein sehr sensibles Spiel. Die zentrale Windversorgung erfolgt über drei übereinander liegende Keilbälge (72 bis 85 mm WS), die Tremulanten sind als Kanaltremulanten gebaut.
I. POSITIV | C–g³
Bourdon 8'
Salicional [8']
Flüttravers 8' Discant
Prestant [4']
Flüt 4'
Nazar 3'
Flüt 2'
Terzian 1 3/5'
Quint 1 1/2'
Mixtur [4f.]
Hautbois [8']
Vox humana [8']
Tremulant
II. GROß ORGEL | C–g³
Bourdon 16'
Montre [8']
Bourdon 8'
Flüt 8'
Gamba [8']
Prestant [4']
Holzflöt 4'
Nazar 3'
Octav 2'
Terziana [1 3/5']
Mixtur [3–4f.]
Cimbal [3f.]
Cornet [5f. 8', ab c¹]
Trompet [8']
Clairon [4']
Tremulant
Koppel I–II
PEDAL | C–f¹
Soubass [16']
Flöt 16'
Bourdon [8']
Flöt 8'
Flöt 4'
Bombard [16']
Trompet [8']
Clairon [4']
Koppel II–P
Koppel I–P
Frei einstellbare Plenumtritte für Positiv und Groß Orgel, Appels (Ped. Zungen an/ab, G.O. Zungen an/ab).
Mechanische Schleiflade.
D-47608 Geldern-Walbeck | Walbercker Markt
© Gabriel Isenberg, 2001
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