Orgel von Matthias Kreienbrink (Osnabrück), 1972.
Als die Pauluskapelle neben dem Dom in Osnabrück 1625 den Jesuiten übergeben wurde, erhielten diese von Kardinal Eitel Friedrich von Hohenzollern auch eine Orgel als Geschenk, die zuvor im Schloss Iburg gestanden hatte. Diese wurde 1630 in die Augustinerkirche (St. Ignatius) übertragen, wo sie jedoch bei einem Einsturz der Empore 1631 zerstört wurde. Ein Orgelneubau mit neun Registern erfolgte 1632 für 500 Rthl. durch Meister Sebastian Rehmus aus Schmalkalden, der sich in Osnabrück niedergelassen hatte. Diese Orgel wurde nach der Rückkehr der Jesuiten in die Pauluskapelle 1673 dorthin übertragen.
1685 erfolgte der Bau der neuen Jesuitenkirche St. Paulus, für die Hinrich Klausing aus Herford 1702 eine Orgel mit acht Registern (ohne Pedal) baute, die im Gehäuse des Vorgängerinstruments Aufstellung fand. 1767 nahm Johann Gottlieb Müller (Osnabrück), der die Orgel schon seit den 1750er-Jahren in Pflege hatte, eine umfassende Renovierung vor. Weitere Änderungen führte Friedrich Wilhelm Haupt (Damme) 1826/27 aus, u. a. veränderte er die Stimmtonhöhe und fügte ein Pedal (besetzt mit Posaune 16') hinzu.
1856 erfolgte ein Orgelneubau durch die Gebr. Haupt (Ostercappeln) nach einem Plan Melchior Kerstings (Münster) mit 18 Registern auf zwei Manualen und Pedal. (Teile der Klausing-Orgel von 1702 fanden 1863 beim Orgelneubau durch Carl Krämer, Osnabrück, in Brochterbeck wieder Verwendung.) Nach einem weiteren Umbau durch Haupt um die Jahrhundertwende fielen die ehemalige Jesuitenkirche und die Orgel einem Bombenangriff am 13. September 1944 zum Opfer. Nach dem Wiederaufbau fand in der Kirche zunächst eine 1952 aufgestellte Interimsorgel der Fa. Breil (Dorsten) Verwendung.
Die heutige Orgel ist ein Werk der Osnabrücker Orgelbauwerkstatt Matthias Kreienbrink aus dem Jahr 1972, eingeweiht am Fest Peter und Paul am 29. Juni 1972. Begleitet wurde der Bau durch den damaligen Osnabrücker Domorganisten Winfried Schlepphorst als Orgelsachverständigem. Es handelt sich um eine zweimanualige Schleifladenorgel mit gemischten Trakturen, die in den 2000er-Jahren (anstelle des ursprünglichen sechsfachen Setzers) mit einer elektronischen Setzeranlage ausgestattet wurde. Die Ornamente des Gehäuses wurden von Walter Heisig (Osnabrück) entworfen und von Heinrich Starmann (Neuenkirchen/Nellinghof) ausgeführt, die farbliche Fassung stammt von Wilhelm Wiegard (Osnabrück). Die Intonation lag in den Händen von Gottfried Gabriel und Theodor Schulz.
I. HAUPTWERK | C–g³
Prinzipal 8'
Spitzgedackt 8'
Oktave 4'
Gemshorn 2'
Sesquialter 2f.
Mixtur 5f. 1 1/3'
Trompete 8'
Tremulant
Koppel II-I
II. BRUSTWERK | C–g³
Gedackt 8'
Rohrflöte 4'
Prinzipal 2'
Quinte 1 1/3'
Scharff 3f. [2/3']
Dulcian 8'
Tremulant
PEDAL | C–f¹
Subbass 16'
Offenbass 8'
Choralbass 4'
Rauschpfeife 2f. [2' + 1 1/3']
Fagott 16'
Koppel II-P
Koppel I-P
Elektronische Setzeranlage (4000 Kombinationen) mit Sequenzern.
Schleiflade, mechanische Spieltraktur, elektrische Registertraktur.
D-49074 Osnabrück | Große Domsfreiheit 6
Quellen und Literatur: Winfried Schlepphorst, Die Orgel der Gymnasialkirche zu Osnabrück, in: Schola Carolina, Mitteilungsblatt des Carolingerbundes Nr. 85 (Mai 1972), S. 13–20 ⋄ Herbert Brügge, Der Orgelbau im Tecklenburger Land, Kassel 2000, S. 136 f ⋄ Werbeblatt „Die neue Kreienbrink-Orgel der Gymnasialkirche zu Osnabrück“ ⋄ Eigener Befund.
Nr. 485 | Diese Orgel habe ich am 16.04.2014 gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 29.05.2023.
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