Orgel von Carl Haupt & Sohn (Ostercappeln), 1880.
Abseits von Rieste am Alfsee im Landkreis Osnabrück liegt das ehemalige Ritterhaus Lage, zu dem bis zu dessen Auflösung 1810 auch die katholische Johanneskirche Lage-Rieste gehörte. Das Ganze ist eine Gründung des Johanniterordens aus dem Jahr 1245 und war lange Zeit hindurch eine der bedeutendsten Ordensniederlassungen Nordwestdeutschlands. Seine auch heute noch überregionale Bekanntheit hat Lage allerdings weitgehend dem wundertätigen Heiligen Kreuz (1315 geweiht) zu verdanken. Nach einigen Vorgängerbauten geht die heutige Kirche auf einen Bau aus dem Jahr 1426 zurück. Dieser bildet heute den Mittelteil der Pfarrkirche Lage-Rieste. Erweiterungen und Umbauten erfolgten in den Jahren 1659, 1733, 1902/04 und 1960/62.
Im Zuge der nach dem Dreißigjährigen Krieg erfolgten Kirchenerweiterung 1659 erhielt die Kirche die erste Orgel – sie wurde 1661 als „neu“ bezeichnet. Über dieses Instrument sind keine genaueren Informationen überliefert. Da der Bielefelder Orgelbauer Hans Henrich Reinking in dieser Zeit zahlreiche Arbeiten in der näheren Umgebung ausführte, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er auch die Orgel in Lage baute; aber auch andere westfälische Orgelbauer wie z. B. Henrich Düppen aus Bielfeld kämen als Erbauer infrage.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfolgte eine nicht näher dokumentierte Veränderung der Orgel – so legt es der Befund der noch heute in der Orgel erhaltenen Pfeifen nahe. Man geht von einem Umbau um 1720 aus; möglicherweise ist die Arbeit aber auch in Zusammenhang mit den Stuckarbeiten 1733 zu sehen.
Als der Orgelbauer Rudolf Haupt (Ostercappeln) 1880 eine neue Orgel baute, fand er ein Instrument mit 8 Registern und einem Manualumfang von 47 Tönen vor. Die von dem Betrieb Carl Haupt & Sohn 1880 erbaute Orgel erhielt 14 Register auf zwei Manualen und Pedal. Dabei wurde Pfeifenmaterial aus der Vorgängerorgel wiederverwendet, das nach heutigem Befund auf die zwei Bauschichten 1661 und um 1720 zurückzuführen ist. Die Haupt-Orgel stand zunächst „oben auf dem Chore neben dem Hochaltar“. 1904 wurde sie nach der Erweiterung der Kirche auf die Bühne an der Südwand im neu gebauten Querhaus umgesetzt. 1917 mussten die Prospektpfeifen für Kriegszwecke abgeliefert werden. Erst 1948 wurde eine elektrische Windmaschine installiert. Nach einer Renovierung 1981 durch die Fa. Alfred Führer aus Wilhelmshaven erfolgte 2001/02 eine gründliche Restaurierung und eine Umstellung der Orgel in die Mitte der Empore durch die Orgelbauwerkstatt Martin Cladders in Badbergen. Das Instrument ist original erhalten und hat eine seit 1880 unveränderte Disposition.
Das Orgelgehäuse ist nach hinten und oben offen. Während die Pfeifen der beiden Manuale auf einer gemeinsamen Windlade im Hauptgehäuse stehen, sind die Pedalpfeifen ohne Gehäuse im dahinterliegenden, geräumigen Turmzimmer aufgestellt. Die Spielanlage ist an der rechten Seite in die Orgel eingebaut. Die Züge für die Manualregister befinden sich entsprechend der Aufstellung auf der Lade in einer Reihe über dem Notenpult; die Manualzugehörigkeit der Register ist farblich gekennzeichnet: Untermanual schwarz, Obermanual rot. Links von der Spielanlage sind die beiden einzuhakenden Koppelzüge (die Pedalkoppel koppelt beide Manuale an das Pedal) und rechts die Züge für die beiden Pedalregister positioniert. Der Doppelfaltenbalg mit Schöpfer liefert einen Winddruck von 69 mmWS, die Stimmung ist gleichschwebend.
I. MANUAL | C–f³
Principal 8'
Bordon 16'
Quintatön 8'
Octav 4'
Quinte 3'
Flöte 4'
Mixtur 3f.
Trompete 8'
Manualcoppel
II. MANUAL | C–f³
Gamba 8'
Gedectflöte 8'
Doppelflöte 4'
Spitzflöte 2'
PEDAL | C–c¹
Subbaß 16'
Violon 8'
Pedalcoppel
Mechanische Schleiflade.
D-49597 Rieste | Lage
Quellen und Literatur: Ausführungen von Pfr. Dr. Heinrich Bernhard Kraienhorst auf der alten Homepage der Kath. Kirchengemeinde St. Johannes d. T. Lage (nicht mehr online) ⋄ Frdl. Mitteilung von OBM Martin Cladders ⋄ Eigener Befund.
Nr. 317 | Die Orgel habe ich zum ersten Mal am 30.03.2009 gespielt und begleite hier seitdem hin und wieder Wallfahrtsgottesdienste.
© Dr. Gabriel Isenberg, 23.03.2023.
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023