Orgel von Willi Peter (Köln), 2001/04; auf Grundlage der Vorgängerorgel von 1968/71.
Die Geschichte der Kölner Jesuitenkirche St. Peter reicht bereits in spätrömische Zeit zurück. Die heutige, spätgotische Kirche wurde in den Jahren 1512–33 auf den Fundamenten einer römischer Thermenanlage und einem bestehenden romanischen Kirchengebäude in mehreren Teilabschnitten errichtet. Die erhaltenen Renaissancefenster, ein spätgotisches Triptychon mit geschnitztem Mittelteil sowie die Kreuzigung Petri von Peter Paul Rubens sind die bedeutendsten Kunstwerke aus alter Zeit in St. Peter. Der Krieg zerstörte die Kirche bis auf die Außenmauern und wenige Netzgewölbe in den Seitenschiffen. Bereits 1946 begann man mit dem Wiederaufbau, der aber erst 1960 abgeschlossen wurde – in diesem Jahr übernahmen auch die Jesuiten unter Leitung von P. Alois Schuh SJ die St.-Peter-Kirche. 1987 gründete dessen Nachfolger P. Friedhelm Mennekes SJ die Kunst-Station Sankt Peter und gab damit der zeitgenössischen Kunst und der Neuen Musik in der St.-Peter-Kirche einen Raum. In den Jahren 1997 bis 2000 fanden umfassende Sanierungsarbeiten am Kirchengebäude statt, bei denen der Innenraum neu gestaltet wurde.
Einer Notiz aus dem 19. Jahrhundert zufolge erhielt die St.-Peter-Kirche 1644 ihre erste Orgel. Für dieses Instrument sind im 18. Jahrhundert mehrfach Reparaturen nachzuweisen. Der Orgelbauer Johann Georg Arnold notierte 1784 erstmals die Disposition dieser Orgel mit 14 Registern auf zwei Manualen und angehängtem Pedal. Unter Verwendung von Pfeifenmaterial dieser Orgel baute Arnold 1785/87 eine neue Orgel, deren Disposition nun 23 Register umfasste. 1845 nahm der Kölner Orgelbauer Engelbert Maaß eine größere Reparatur an dem Instrument vor. 1907/08 baute Ernst Seifert (Köln-Mannsfeld) schließlich ein neues Orgelwerke hinter die barocke Prospektfront. Seiferts 35 Register umfassendes Instrument war mit allen technischen Finessen der Zeit ausgestattet. Die auch außerhalb des barocken Gehäuses aufgestellten Pfeifen wurden optisch durch zwei große Altargemälde verdeckt – auf der rechten Seite das bis heute erhaltene Bild der Kreuzigung Petri von Peter Paul Rubens. In der Bombennacht des 29. Juni 1943 wurde die Orgel zusammen mit der Kirche ein Raub der Flammen.
Im Zuge der Wiederaufbaubemühungen der St.-Peter-Kirche entstanden ab 1962 Pläne für eine neue Orgelanlage, für die 1967 die Orgelbauwerkstatt Willi Peter in Köln-Mülheim den Auftrag erhielt. Zunächst wurde der Bau der Chororgel in Angriff genommen, für die man ein historisches Orgelgehäuse aus St. Margarteha in Knokke (Belgien) hatte erwerben können. Die fertige Chororgel mit 13 Registern konnte im Oktober 1968 fertiggestellt werden. Drei Jahre später war auch die Hauptorgel vollendet – ihre Einweihung fand am 31. Oktober 1971 statt. Sie vereinte 34 Stimmen auf Hauptwerk, Schwellwerk und Pedal. Eine elektrische Ton- und Registertraktur für beide Orgeln (bei der Chororgel zusätzlich mechanische Tontraktur) erlaubte das Zusammenspiel beider Orgeln von einem viermanualigen Hauptspieltisch. Als Spielhilfe war eine fünffache Setzerkombination vorhanden.
Mit dem Eintritt des Organisten Peter Bares in die Musikszene von St. Peter im Jahr 1992 wurde die Orgel um die von ihm aus seiner vorigen Wirkungsstätte St. Peter in Sinzig mitgebrachte Trompeteria 1993 erweitert. 1995 folgte der Einbau weitere Register (Saxophon, Cornett, Cymbeln und Beckenstern). Weitere Überlegungen zur Umgestaltung der Orgel mündeten im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Kirche in ein völlig neues Orgelkonzept, was in den folgenden Jahren von Orgelbau Willi Peter in Zusammenarbeit mit Peter Bares entwickelt und verwirklicht wurde.
Die alte Chororgel wurde im Juni 1997 demontiert und zunächst bei der Fa. Peter eingelagert. Das historische Orgelgehäuse wurde an die Herkunftsgemeinde in St. Margaretha in Knokke (Belgien) verkauft. Bereits 2001 konnte die fertige Chororgel in St. Peter wieder aufgestellt werden. Auch der Generalspieltisch auf der Nordempore war schon fertig, während sich der Bau der Hauptorgel auch aufgrund der außergewöhnlichen technischen Schwierigkeiten noch über weitere drei Jahre hinzog, bis am 16./17. Oktober 2004 die gesamte Orgelanlage eingeweiht werden konnte.
Kernbestand der neuen Orgelanlage sind sämtliche Register aus dem Vorgängerinstrument. Erweitert wurde die Klangpallette allerdings durch eine große Zahl z. T. eigens neu entwickelter Schlagwerk-Register sowie eine breite Palette an Obertonregistern. Auch die vielen außergewöhnlichen Spielhilfen wie Winddrossel, Organum-Koppel, Registermanual u. v. m. erwuchsen aus dem experimentellen Musikstil des Organisten Peter Bares.
Haupt- und Chororgel folgen in ihrem Prospektaufbau dem gleichen Gedanken. Sie sollen in ihrer hellgrauen Schlichtheit mit den gleich langen Holzpfeifen einen eigenen schlichten Orgelkörper bilden. Einzig die Trompeteria im Hauptorgelprospekt durchbricht diese Schlichtheit und symbolisiert in ihrer leicht nach außen hin aufgefächerten Anordnung nach der üblichen „spanischen Anordnung“ quasi das Ausbrechen der Klänge aus dem Orgelgehäuse. Ausgangspunkt für die Farbgebung des Gehäuses und der Prospektpfeifen war der Farbton des noch vorhandenen Natursteins in der Kirche, nach dem auch die übrige Farbgestaltung des Kirchenraumes bei der Sanierung ausgerichtet wurde.
Die Aufstellung des Generalspieltischs auf der Nordempore erlaubt dem Organisten eine perfekte Ausgewogenheit in der Wahrnehmung beider Instrumente. Die Anordnung der Registerschalter im Generalspieltisch ist ein wesentlicher Aspekt zur Übersichtlichkeit über die zahlreichen Besonderheiten des Instruments. Neben den jedem Manual bzw. Pedal eigenen Registern verfügt jede Klaviatur auch über eigene Schalter zum Koppelwerk und für die Schlagwerke. Die Registerschalter sind als kleine rechteckige Leuchtschalter eingerichtet, so dass gleich mehrere Schaltungen mit einem Handgriff vorgenommen werden können. Die Färbung der Labialregisterschalter ist grün, Zungenregister sind rot und die Schlagwerkregister gelb markiert. Sonstige Spielhilfen wie die Koppeln sind weiß. Die Sequenzerschalter sind an mehreren Stellen des Spieltischs angebracht, so dass sie auch für einen Registranten bequem erreichbar sind.
Die Orgelwerke sind elektrisch über Lichtwellenleiterkabel mit dem Generalspieltisch verbunden. Der Spieltisch der Chororgel verfügte ursprünglich über eine eigene mechanische Tonsteuerung.
Seit ihrer Einweihung 2004 erfuhr die Orgelanlage von St. Peter weitere Veränderungen und Erweiterungen. Erste und größte Veränderung war der Einbau eines Streicherwerks als III. Manualwerk der Chororgel durch die Fa. Willi Peter im Jahr 2006/07. Im Jahr 2021 erhielt die Orgel im Rahmen einer Kompletterneuerung der aufwendigen elektrischen Anlage einen neuen mobilen Generalspieltisch unten im Kirchenraum, der mit dem „System SINUA“ ausgestattet ist – die Arbeiten erfolgten durch die Fa. Weimbs Orgelbau in Hellenthal in Kooperation mit FSB Orgelbau & Elektrotechnik (Frankfurt/Main). Dabei wurde auch der bestehende Zentralspieltisch auf der Nordempore erneuert; der mechanische Spieltisch der Chororgel wurde komplett entfernt. Im Streicherwerk der Chororgel ist der Einbau weiterer Register vorgesehen.
I. MANUAL I C–g³
Gedeckt 8’
Principal 4’
Blockflöte 2’
Principal 1’
Scharff 3–4f. 1’
Quinte 2/3’
Holzcymbel 2f. 1/2’
Terz 2/5’
Bärpfeife 16’
Vox humana 8’
Tremulant
III/I
II/I
I. MANUAL | C–g³
Gemshorn 8’
Rohrflöte 4’
Sesquialtera 2–3f. 2 2/3’
Principal 2’
Quinte 1 1/3’
Cymbel 3f. 2/3’
Musette 8’
Tremulant
III/II
III. MANUAL (SW) | C–g³ [2007]
Violon 16’
Geigenprinzipal 8’
Gamba 8’
Salicional 8’
Celeste 8’ [= Gamb. + Sal.]
[Stillgedackt 8’]
Geigenprinzipal 4’
[Nachthorn 4’]
Traversflöte 4’
[Nachthorn 2’]
[Flageolett 2’]
Fagott 16’
Oboe 8’
PEDAL | C–f¹
Gedecktbaß 16’
Pommer 8’
Violon 16’ [Tr. III]
Violon 8’ [Tr. III, Ext.]
[Stillgedackt 5 1/3’ [Tr. III]]
Akkord 3f. 4’ [Gambenauszug]
Oberton 4f. 2 2/3’ [Salicionalausz.]
Fagott 8’ [Tr. III]
Oboe 5 1/3’ [Tr. III]
Oboe 4’ [Tr. III]
Oboe 2’ [Tr. III]
III/P
II/P
I/P
SCHLAGWERK
auf allen Klaviaturen spielbar
Xylophon C–c¹
Xylophon permanent
Glockencymbel
Glockencymbel permanent
Bronzeton
EFFEKTREGISTER
Hahnenschrei [cº, eº, gisº]
I. MANUAL | C–g³
= Chororgel I. Manual
IV/I
III/I
Pedal Hauptorgel/I
Pedal Chororgel/I
I. Manual Chororgel ab
IV. MANUAL | C–g³
= Chororgel II. od. III. Manual
II. HAUPTWERK | C–g³
Pommer 16’
Principal 8’
Rohrflöte 8’
Octave 4’
Gedeckt 4’
Nasard 2 2/3’
Flöte 2’
Mixtur 4–5f. 2’
Terz 1 3/5’
Sept 1 1/7’
None 8/9’
Cymbel 3f. 1/2’
Trompete 8’
Tremulant
Physharmonika 64’ c¹-g³
Physharmonika 32’ cº-g³
Physharmonika 16’ C-g³
Physharmonika 8’ C-g³
Tremulant I
Tremulant II
IV/II
III/II
Sub III/II
I/II
P/II
III. SCHWELLWERK | C–g³
Principal 8’
Gedeckt 8’
Spitzgambe 8’
Octave 4’
Blockflöte 4’
Hintersatz 3f. 2 2/3’
Superoctave 2’
Mixtur 4–6f. 1 1/3’
Nachthorn 1’
Elfte 8/11’
Schalmey 16’
Trompete 8’
Clarine 4’
Tremulant
IV/III
Sub III
PEDAL | C–f¹
32’ [labial, nur Töne C und D]
Principal 16’
Subbaß 16’
Quinte 10 2/3’
Principal 8’
Flöte 8’
Quinte 5 1/3’
Octave 4’
Traversflöte 4’
Hintersatz 4f. 2 2/3’
Nachthorn 2’
Posaune 16’
Trompete 8’
IV/P
III/P
II/P
I/P
Super III/P
Super I/P
Pedal Hauptorgel ab
KOPPELWERK | C–g³
auf allen Klaviaturen spielbar
Saxophon 32’ · 16' · °8' · °4'
Cello 8’ · °4 4/7’ · °4’ · °3 1/5’ · °2’
Weidenpfeife 4’
Cornett [3f.] 3 1/5’ · °5 1/3’ · °2 2/3’
Mixtur 5–8f. 2 2/3’
Aeolsharfe 4f. 2 2/3’ · °1 1/3’ · °2/3’
Trillerpfeife 1’
Cymbel I 3f. 2/5’
Cymbel II 3f. 2/7’
Cymbel III 3f. 4/21’
Cymbel IV 3f. 2/15’
Rotation der Cymbeln mit Geschwindigkeitsreglern:
Quadrupla I [3f.]
Quadrupla II [3f.]
Quadrupla III [6f.]
Quadrupla IV [9f.]
Quadrupla V [3–12f.]
Tremulant Koppelwerk
° = Auszug, nur im Pedal spielbar
TROMPETERIA | C–g³
auf allen Klaviaturen spielbar
Trompeta magna 16’
Trompeta da batalla 8’
Clarin brilliante 4’
SCHLAGWERK
auf allen Klaviaturen spielbar
Glocken 16’
NEU Xylodur
NEU Xylodur permanent
Becken C-f¹ [nur Pedal]
Harfe [8’] cº-f³ [P: C-f¹]
Psalterium [C-fº, rep.]
Psalterium permanent
EFFEKTREGISTER
Turmglocken [f¹, g¹, as¹, a¹, b¹, c², f³, Carillon]
Beckenstern
Silberklang
Jauler
Sirene
SPIELHILFEN
Elektronische Setzeranlage
Organumkoppel (= Intervallsetzer für die Tasten cº-c², ohne c¹)
Pedal-Dur-Organum
Buchstabenschiene über dem III. Manual der Hauptorgel
Registermanual für die Momentschaltung von Registern (II. Man. HO)
Tastenfessel [Moment- und Dauerschaltung, II. Man. HO]
3 Schwelltritte (SW, Koppelwerk A und B)
Winddrossel für Chor- und Hauptorgel (Handregler)
Potentiometer [= Geschwindigkeitsregler] für die Tremulanten
Chororgel mit mechanischer Schleiflade sowie im III. elektrischer Kegellade (alle Werke elektrisch anspielbar); Hauptorgel mit elektrischer Schleiflade und Multiplexlade für die ankoppelbaren Werke.
D-50676 Köln | Jabachstraße 1
Quellen und Literatur: Michael Gassmann, Karl Wilhelm Boll, Kurt Danch, Werkzeuge der Stille. Die neuen Orgeln in Sankt Peter zu Köln, Köln 2004 [darin auch S. 34–50: Gabriel
Isenberg, Über die neuen Orgeln in Sankt Peter zu Köln] ⋄ Eigener Befund.
Nr. 183 | Diese Orgel habe ich zum ersten Mal während der Bauphase der Hauptorgel am 25.09.2003 besucht, in Vorbereitung auf den Textbeitrag zur Orgelfestschrift.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 19.02.2025.
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023/25