Orgel von Josef Weimbs (Hellenthal), 1995.
St. Joseph in Hürth-Mitte (Stadtteil Hermülheim) ging in den 1970er Jahren aus der umgesiedelten Pfarrgemeinde Knapsack hervor. Dort in Knapsack war am 12. Dezember 1912 die Kirche St. Joseph eingeweiht worden. 1917 erhielt die Kirche ihre erste Orgel: Das 1914 von Orgelbau Klais (Bonn) für das „Niederrheinische Dorf“ der Kölner Werkbund-Ausstellung erbaute Instrument hatte 16 Register auf zwei Manualen und Pedal und wurde ohne das ursprüngliche Gehäuse in Knapsack aufgestellt (vermutlich verzögerte sich der Aufbau durch den Krieg und konnte erst 1923 abgeschlossen werden).
In den 1970er Jahren wurde der Ort Knapsack wegen der Umweltbelastungen durch die benachbarte Industrie und den rheinischen Braunkohletagebau umgesiedelt, die St.-Joseph-Kirche wurde 1976 abgerissen. Die nach Hürth-Hermülheim umgesiedelte katholische Kirchengemeinde feierte zunächst im katholischen Pfarrsaal des Hürther Stadt- und Kirchenzentrums ihre Gottesdienste. Dort stand der Gemeinde ab 1983 eine kleine Orgel mit acht Registern aus der Orgelbauwerkstatt Weimbs (Hellenthal) zur Verfügung, die unter Verwendung einiger alter Register erbaut worden war.
Die neue St.-Joseph-Kirche in Hürth-Mitte entstand in zweijähriger Bauzeit in den Jahren 1989 bis 1991 und wurde am 26. Mai 1991 geweiht; zwei Jahre später kam der Turm hinzu. Die Orgel ist erneut ein Werk der Orgelbauwerkstatt Weimbs in Hellenthal – das Opus 251 der Firma wurde am 7. Mai 1995 eingeweiht und verfügt über eine außergewöhnliche Disposition mit 23 Registern im spanischen Stil. Als Orgelsachverständige begleiteten Valentin Micken und Prof. Hans-Dieter Möller das Projekt.
Optisch passt sich das schlichte Gehäuse mit seinen klaren Formen optimal in den Kirchenraum ein, greift aber zugleich markante Stilmerkmale der iberischen Orgelbautradition auf. Das Pedalwerk ist links und rechts hinter dem jeweils äußeren Pfeifenfeld aufgestellt. Mittig befindet sich das Hauptwerk hinter dem fünfachsigen Pfeifenprospekt – darüber das mit Schiebejalousien versehene Schwellwerk. In das untere der drei Metallbänder, die das Gehäuse umfassen, sind die horizontalen Zungenpfeifen von Bajoncillo und Clarin gesetzt. Die frontal in die Orgel eingebaute Spielanlage ist klar gegliedert; die Registerzüge befinden sich an beiden Seiten neben dem Notenpult, die Koppelzüge sind in die Klaviaturbacken eingelassen.
Die „spanische Orgel“ der Hürther St.-Josephs-Kirche will keine strenge Stilkopie sein, sondern sie greift Stilelemente spanischer Barockinstrumente auf, so z. B. die Flötenschwebung (Flaut dobles) und die kräftigen horizontalen Zungenstimmen. Im Kontext der guten Kirchenakustik bietet die Orgel mit ihrem präsenten, aber nicht aufdringlichen Klang viele Möglichkeiten.
I. ORGANO GRANDE | C–g³
Flautado 8’
Flauto 8’
Octava 4’
Tapada 4’
Quinzena 2’
Lleno IV 1 1/3’
Corneta VIII
Bajoncillo / Clarin 4’ / 8’
Trompeta real 8’
Koppel II–I
II. ECO | C–g³
Flaut dobles 8’
Salicional 8’
Bordo 8’
Flautadillo 4’
Flauta alemana 4’
Nazardo 12 na 2 2/3’
Nazardo 15 na 2’
Nazardo 17 na 1 3/5’
Decinovena 1 1/3’
Oboe 8’
Tremblante
PEDAL | C–f¹
Contras 16’
Bajo 8’
Coralbajo 4’
Contrafagot 16’
Koppel II–P
Koppel I–P
Mechanische Schleiflade.
D-50354 Hürth | Villering 40
Quellen und Literatur: Horst Hodick, Johannes Klais (1852-1925). Ein rheinischer Orgelbauer und sein Schaffen, Bd. II, München/Salzburg 2001, S. 441-442 ⋄ Orgelbau Weimbs ⋄
Eigener Befund.
Nr. 262 | Diese Orgel habe ich zum erstem Mal am 06.03.2006 im Rahmen einer Konzertvorbereitung gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 10.01.2025.
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