Orgel von Patrick Collon (Bruxelles), 1990.
Für die 1905 erbaute neoromanische St.-Michael-Kirche an der Wächtlerstraße im Essener Südostviertel hatte die Orgelbauwerkstatt Franz Breil in Dorsten 1909/10 ein Instrument mit 16 Registern auf zwei Manualen und Pedal und mit Elektromotorbetrieb erbaut. Im Jahr 1940 führte die Orgelbauwerkstatt Johannes Klais (Bonn) einen größeren Umbau durch, bei dem aus der Breil-Orgel und der 1851–55 von Ad. Ibach Söhne für die Strafanstalt in Essen-Werden erbauten Orgel (I/13) ein großes Instrument mit 31 Registern geschaffen wurde. Nur drei Jahre später verbrannte diese Orgel bei den massiven Luftangriffen auf Essen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Gottesdienste zunächst in einer Notkirche gefeiert, für die 1952 eine kleine Orgel mit vier Registern von der Orgelbaufirma Seifert in Kevelaer angeschafft worden war.
Am ersten Oktoberwochenende des Jahres 1954 konnte schließlich die neue St.-Michael-Kirche eingeweiht werden, erbaut nach den Plänen des Architekten Heinrich Böll. Bei der Einweihung spielte auch bereits die neue Orgel, erbaut von der Orgelbauwerkstatt Franz Breil (Dorsten), ausgestattet mit 11 Registern auf zwei Manualen und Pedal. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten wurde diese Orgel durch die Erbauerfirma immer mehr erweitert: 1967 kamen sechs Register hinzu, 1969 noch mal vier; weitere vier Register kamen 1975 hinzu, als auch das Pedal umgebaut wurde. Nach einem weiteren Umbau 1977 war die Disposition auf 28 Register angewachsen. Doch auf Dauer konnte das mehrfach umgebaute Instrument nicht den musikalischen Ansprüchen genügen.
So fiel die Entscheidung zum Bau einer gänzlich neuen Orgel, die schließlich am 22. April 1990 nach einer vierjährigen Planungs- und Erbauungsphase eingeweiht wurde. Sie ist ein Werk der belgischen Manufacture d'orgue de Bruxelles Patrick Collon. Die Disposition entwarfen Patrick Collon und der amtierende Organist Reinhold Ix. Das Instrument ist dem französisch-barocken Stil verpflichtet, trägt allerdings deutlich die Handschrift ihres Erbauers.
Grand Orgue und Positif stehen im vorderen Gehäuse, das durch zwei große Flügeltüren verschlossen werden kann. Im hinteren Gehäuse sind Pedal- und Schwellwerk untergebracht. Die Horizontaltrompete im Prospekt ist aus Gewichtsgründen nicht bis in die tiefe Lage als 8’ gebaut, sondern ist bis h¹ als 4' ausgeführt. Die mit Messingköpfen versehenen Registerzüge sind links und recht neben der frontal eingebauten Spielanlage angebracht – sie sind (wie bei Collon üblich) recht spärlich beschriftet, d. h. weder mit Fußtonzahl noch mit Werkzuordnung. Es befinden sich jeweils außen die Registerzüge des Récit, darüber die des Pedals, daneben die Register für das Positif, innen für Grand-Orgue. Die Pedal- und Manualkoppeln sind links über dem Pedal als Hakentritte angelegt. Rechts daneben befindet sich der Schwellertritt, der allerdings bei geschlossenem Schwellwerk das Spiel auf den angrenzenden Pedalobertasten erschwert. Ein Tremulant ist als Zug an der linken Seite, einer als Hakentritt rechts über den Pedalen angelegt. Ein weiterer Zug – „Vent“ – ermöglicht die Umschaltung zwischen Keil- und Magazinbalg.
Am Ostermontag, den 22. April 2019 wurde die Kirche St. Michael am Wasserturm außer Dienst gestellt und die Collon-Orgel im Anschluss von Martin Scholz (Mönchengladbach) demontiert. Nach Überarbeitung und Reinigung fand sie kurz darauf in der St.-Bonifatius-Kirche Essen-Huttrop eine neue Heimat.
I. POSITIF | C–g³
Bourdon 8'
Prestant 4'
Nasard 2 2/3'
Doublette 2'
Tierce 1 3/5'
Larigot 1 1/3'
Cymbale III
Trompette 8'
Clairon [C–h¹ 4' / c²–g³ 8']
Koppel III–I
II. GRAND ORGUE | C–g³
Bourdon 16'
Montre 8'
Bourdon 8'
Prestant 4'
Flute 4'
Doublette 2'
Sesquialtera II
Cymbale III
Fourniture IV
Cornet V ab cis¹
Chamade [C–c¹ 4' / cis¹–g³ 8']
Koppel III–II
Koppel I–II
III. RÉCIT | C–g³
Flute 8'
Gambe 8'
Voix celeste 8'
Flute 4'
Octavin 2'
Voix humaine 8'
Trompette [Vacant]
Hautbois 8'
PÉDALE | C–f¹
Soubasse 16'
Flute 8'
Flute 4'
Bombarde 16'
Koppel III–P
Koppel II–P
Koppel I–P
Tremblant I+II, Tremblant III, Vent [= Umschaltung Keilbalg/Magazinbalg].
Mechanische Schleiflade.
Bilder am alten Standort in St. Michael am Wasserturm:
D-45138 Essen | Ecke Michaelstraße / Steubenstraße
Quellen und Literatur: 100 Jahre Katholische Pfarrgemeinde St. Michael am Wasserturm 1904-2004. Essen, 2004 ⋄ Frdl. Mitteilungen von Reinhold Ix und Alexander Skowron ⋄ Eigener Befund.
Nr. 109 | Diese Orgel habe ich am 23.08.2000 in der Kirche St. Michael am Wasserturm besucht.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 24.11.2024.
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023