Enniglerloh, St. Jakobus

Orgel von Friedrich Ladegast (Weißenfels), 1876.


© Gabriel Isenberg, 19.03.2024
© Gabriel Isenberg, 19.03.2024

Die spätromanische Pfarrkirche St. Jakobus in Ennigerloh stammt aus dem 13. Jahrhundert und wurde 1886/87 um Querschiff und Chorraum im neugotischen Stil erweitert.

Bereits der Visitationsbericht 1656 nennt eine Orgel; diese wurde 1665 repariert. Eine weitere Reparatur wurde 1682 durch Meister Conrad durchgeführt. Auch im Laufe des 18. Jahrhunderts sind in den Akten mehrfach Reparaturen dokumentiert, ohne dass daraus nähere Informationen über die Beschaffenheit des Instruments hervorgingen.

Am 11. Januar 1800 schloss die Kirchengemeinde mit Caspar Melchior Vorenweg in Münster den Vertrag zum Bau einer neuen Orgel (I+aP/9), die im September desselben Jahres fertiggestellt war. Die Orgel wurde in den folgenden Jahrzehnten regelmäßig gewartet und repariert, jedoch bedauerte man schon 1829 die geringe Größe des an sich „vorzüglichen“ Instruments, dem „ein Positiv oder ein zweites Manual fehlt, wodurch die Brauchbarkeit und Wirkung der Orgel so sehr erhöht werden würde“ – und dies umso mehr nach der Erweiterung der Kirche 1886/87.

Im Jahr 1906 lieferte Friedrich Fleiter aus Münster eine neue Orgel, die über 19 Register auf zwei Manualen und Pedal verfügte; dabei fand das von Fleiter entwickelte pneumatische Kapselladensystem Anwendung. Im Laufe der Zeit wurde die vernachlässigte Orgel immer fehleranfälliger, so dass die Kirchengemeinde 1963 eine elektronische Orgel anschaffte; die Fleiter-Orgel wurde zunächst auf der Empore belassen, dann aber schließlich im Rahmen der umfassenden Kirchensanierung in den 1970er Jahren samt Empore entfernt.

1974 konnte stattdessen die historische Ladegast-Orgel aus der evangelischen Kirche St. Johannes d. T. in Neuengeseke erworben werden. Dort war sie 1876 auf einer neuen Empore von Friedrich Ladegast (Weißenfels) aufgerichtet und worden; der Gehäuseentwurf stammte von Baurat Aldendorf aus Leipzig. Im Zuge einer umfassenden Kirchenrenovierung wurden die Emporen in der Neuengeseker Kirche entfernt und die unverändert erhaltene Ladegast-Orgel veräußert, nachdem die staatliche Denkmalpflege das Instrument als „historisch wie künstlerisch wertlos“ abgestempelt hatte.

Nachdem die Kirchengemeinde Ennigerloh die Ladegast-Orgel zu einem sehr günstigen Preis erworben hatte, musste sie zunächst in einem Stallgebäude zwischengelagert werden und konnte dann von Gerald Woehl (Marburg) fachgerecht restauriert werden. Am 14. Dezember 1977 fand schließlich die Wiedereinweihung der Orgel in Ennigerloh statt. Sie hat nun ihren Platz auf einer neu eingezogenen Empore im linken Querschiff.

2013 erhielt die Orgel im Rahmen einer umfassenden Kirchensanierung durch Diplom-Restauratorin Marita Schlüter wieder eine historische Farbgebung. Außerdem wurde die Orgel 2014 durch die Orgelbauwerkstatt Hermann Eule (Bautzen) gereinigt und generalüberholt (Intonation: Christoph Herz). Dabei wurde auch die originale gleichstufige Stimmung (anstellte der von Woehl angelegten Temperierung nach Neidhardt III) wiederhergestellt. Das unverändert erhaltene Instrument, das im Ersten Weltkrieg sogar von der sonst üblichen Ablieferung der Prospektpfeifen verschont geblieben war, gehört zu den herausragenden romantischen Orgeldenkmalen der Region und ist die älteste erhaltene Ladegast-Orgel Westfalens.

Die Spielanlage ist in die rechte Seite des Gehäuses eingebaut. Hauptwerk (unten) und Schwellwerk (oben) befinden sich im Gehäuse übereinander. Der Schwelltritt ist im Spieltisch an der linken Seite angebracht: In oberer Stellung sind die Jalousien offen, wird er nach unten gedrückt und eingehakt sind die Jalousien geschlossen. Analog befindet sich auf der rechten Seite ein weiterer Fußtritt für eine pneumatische Vorregistratur (im Sinne einer Registerfessel): In Normalstellung ist der Tritt in unterer Position; tritt man den über dem Tritt angebrachten Knopf, geht der Tritt nach oben und man kann über die Registerzüge eine neue Registrierung einstellen; diese wird aktiviert, indem man den Tritt wieder nach unten tritt.

I. HAUPTWERK | C–f³

Bourdon 16'

Prinzipal 8'

Gambe 8'

Rohrflöte 8'

Prinzipal 4'

Flaute minor 4'

Quinte 2 2/3'

Oktave 2'

Mixtur 3f.

Koppel II–I

II. SCHWELLWERK | C–f³

Flöte 8'

Flaute major 8'

Viola d'amour 8'

Prinzipal 4'

Salicional 4'

PEDAL | C–

Subbass 16'

Violonbass 16'

Cello 8'

Bassflöte 8'

Oktavbass 4'

Pedalkoppel I


Schwelltritt zum Einhaken; pneumatische Registerfessel zur Vorregistrierung.

Schleiflade, mechanische Spieltraktur und pneumatische Registertraktur.

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D-59320 Ennigerloh | Im Drubbel


Quellen und Literatur: Klaus Döhring, Der Orgelbau im Kreis Warendorf, Kassel 1995, S. 202–207 ⋄ Hannalore Reuter, Historischen Orgeln in Westfalen-Lippe, Münster 2006, S. 114 ⋄ Flyer „Pfarrkirche St. Jakobus Ennigerloh. Die historische Ladegastorgel“ ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 659 | Diese Orgel habe ich am 19.03.2024 im Rahmen einer Konzertvorbereitung zum ersten Mal gespielt.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 02.03.2025.