Orgel von Romanus Seifert & Sohn (Kevelaer), 1972/73.
Die Pfarr- und ehemalige Stiftskirche St. Viktor in Dülmen ist eine der ältesten Kirchgründungen des Bistums Münster, sie geht auf das 8. Jahrhundert zurück. 1074 wurde eine neue Kirche geweiht, die in den folgenden Jahrhunderten mehrfach erneuert und umgebaut wurde. Um 1600 bekam die Kirche diejenige Gestalt, die wesentlich bis zur völligen Zerstörung am 21. und 22. März 1945 erhalten geblieben ist. Bereits 1945 wurde in einer Notkirche wieder Gottesdienst gefeiert. Der heutige Kirchbau lässt die Schwierigkeiten beim Wiederaufbau erkennen: Nur das Gewölbe des gotischen Chors ist neu erstanden. Das Kirchenschiff wird von einer Stahlkonstruktion überspannt, die Nordwand ist romanisch nachgestaltet; die Südwand wurde aus Kostengründen in Ziegelstein errichtet. Das Fenster im Turm zeigt die brennende Viktor-Kirche. Der Chorraum mit Altarinsel wurde 1998 neu gestaltet.
Bereits Ende des 16. Jahrhunderts hatte es eine Orgel in der Dülmener Stiftskirche gegeben – das geht aus dem Visitationsbericht von 1572 hervor. Aus den folgenden Jahrhunderten sind die uns überlieferten Informationen über die Dülmener Orgelgeschichte allerdings sehr rar; lediglich 1660 wird ein Organist erwähnt.
Eine größere „Reparatur und Vervollständigung“ der Orgel nahm der junge Orgelbauer Wilhelm Kramer im Jahr 1829 vor, als er auch seinen Wohn- und Arbeitsort von Lippborg nach Dülmen verlegte. Er wird in den folgenden Jahren und Jahrzehnten mit Sicherheit auch für die Orgel in der Dülmener St.-Viktor-Kirche zuständig gewesen sein – und in dessen Nachfolge vermutlich auch sein Schüler Joseph Laudenbach sowie später dessen Sohn Bernard Laudenbach. Letzterer erstellte 1889/90 einen Orgelneubau unter Verwendung des noch brauchbaren Materials der alten Orgel, der zum Pfingstfest 1890 eingeweiht werden konnte.
Eine neue, mit 51 Registern ausgesprochen großzügig ausgestattete Orgel erhielt die St.-Viktor-Kirche im Jahr 1931 von der Orgelbaufirma Franz Breil in Dorsten – ihre Einweihung fand am 20. Dezember 1931 statt. Das mit Freipfeifenprospekt versehene Instrument fiel am 21./22. März 1945 dem Bombardement des Zweiten Weltkriegs zum Opfer.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lieferte die Orgelbaufirma Fleiter (Münster) 1957 ein neues Orgelwerk mit 39 Registern auf drei Manualen und Pedal. Diese Orgel wurde 1972/73 ersetzt durch einen Neubau der Orgelbaufirma Romanus Seifert & Sohn aus Kevelaer, mit einer von Regionalkantor Bernhard Terschluse entworfenen Disposition. Die Orgel steht auf der Nordempore neben dem neuen Altarraum. Vom Altar aus betrachtet befindet sich links das Pedalwerk. In der Mitte ist das Rückpositiv, hinter dem der Spieltisch frei auf der Empore steht. Auf der rechten Seite sind Schwell- und Hauptwerk untergebracht.
I. RÜCKPOSITIV | C–a³
Gedackt 8’
Principal 4’
Koppelflöte 4’
Nasat 2 2/3’
Gemshorn 2’
Terzflöte 1 3/5’
Sifflöte 1 1/3’
Oktävchen 1’
Scharff 4f. 2/3’
Schalmey 8’
Tremulant
II. HAUPTWERK | C–a³
Quintadena 16’
Principal 8’
Rohrflöte 8’
Oktave 4’
Spitzflöte 4’
Oktave 2’
Kornett 4–5f. 8’ ab cº
Mixtur 5f. 1 1/3’
Terzcymbel 3f.
Trompete 16’
Trompete 8’
Koppel III–II
Koppel I–II
III. SCHWELLWERK | C–a³
Holzprincipal 8’
Spitzgamba 8’
Principal 4’
Querpfeife 4’
Waldflöte 2’
Sesquialter 2f.
Sept-Non 2f.
Mixtur 5f. 1’
Dulcian 16’
Trompette harm. 8’
Cromorne 8’
Tremulant
PEDAL | C–f¹
Principal 16’
Subbaß 16’
Quintbaß 10 2/3’
Oktavbaß 8’
Spitzgedackt 8’
Choralbaß 4’
Nachthorn 2’
Mixtur 6f. 2 2/3’
Posaune 16’
Trompete 8’
Trompete 4’
Koppel III–P
Koppel II–P
Koppel I–P
Zwei freie Kombinationen, Pleno, Auslöser, Freie Pedalkombination, Generalkoppel, Zungen ab, Zungen-Einzelabsteller.
Schleiflade mit mechanischer Spieltraktur und elektrischer Registertraktur.
D-48249 Dülmen | Bült 1
Quellen und Literatur: Rudolf Reuter, Orgeln in Westfalen, Kassel 1965, S. 254 ⋄ Verschiedene Meldungen im „Dülmener Anzeiger“ (19. Jahrhundert) ⋄ Frdl. Mitteilung des
Kantors Christoph Falley (Dülmen) ⋄ Eigener Befund.
Nr. 69 | Diese Orgel habe ich am 13.08.1999 zum ersten Mal gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 02.01.2025.
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