III. Hradní nádvoří • CZ-119 01 Praha 1
Die Baugeschichte des Prager Veitsdoms auf dem Burgberg reicht bis ins 10. Jahrhundert zurück, als 925 unter dem Hl. Wenzel ein erster Rundbau errichtet wurde. Ab 1060 begann der Bau einer dreischiffigen romanischen Basilika. Teile des Vorgängerbaus mit den Gräbern der Heiligen wurden in den Neubau integriert, so etwa die Südapsis mit dem Wenzelsgrab. In seiner heutigen Form geht die Kathedrale auf das Jahr 1344 zurück, als Prag zum Erzbistum erhoben wurde und Karl IV. den Bau des Domes anwies.
Zu Beginn leitete der französische Baumeister Matthias von Arras den gotischen Neubau, nach seinem Tod 1352 führte der aus Schwäbisch Gmünd stammende Peter Parler und im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts dessen Söhne Wenzel und Johann Parler die Arbeiten fort. Bis zum Beginn der Hussitenkriege 1420 waren der Chor und der Grundstock des Hauptturms fertiggestellt. Die Kirche wurde als Krönungskirche der böhmischen Könige genutzt, hier befindet sich auch die Grablege der böhmischen Herrscher. Die endgültige Fertigstellung der Kirche nach einer Bauunterbrechung im 15. Jahrhundert dauerte bis zur Vollendung des Baus im Jahres 1929 durch Kamil Hilbert. Die Kirche wurde im neogotischen Stil weitergeführt und enthielt eine klassische Westfassade, die die ursprüngliche Süd-Ausrichtung des Baus ein wenig relativiert. Der Hauptturm blieb unvollendet.
Die Orgelempore des bereits 1344 begonnenen Veitsdoms wurde 1557-61 durch Bonifác Wohlmut als westlicher Abschluss des Kircheninneren errichtet. Bereits kurz nach Vollendung der Kathedrale wurde sie an ihren heutigen Standort an der Stirnseite des nördlichen Querhauses versetzt. Ihre Schauseite ist zweigeschossig gestaltet.
Zusammen mit der Empore wurde die sogenannte Kaiserorgel geplant und gebaut. An ihrem Bau und der Planung waren mehrere Orgelbauer von 1553 bis 1567 beschäftigt: Friedrich Pfannmüller (Hirschau), Georg Ebert (Ravensburg), Jonas Scherer (Klosterneuburg) und Jáchym Rudner (České Budějovice). Der Gehäuse fertigte Hans Sauerloch, dessen Fassung fertigte Francesco de Terzio an. Die Orgel hatte vermutlich drei Manuale, Pedal und 40 Register.
Beim preußischen Artilleriebeschuss der Burg im Jahr 1757 verbrannte die Orgel. Am alten Ort, dem zweiten Stock der alten Wohlmuts-Empore errichtete der Prager Orgelbauer Josef Gartner daraufhin 1765 eine neue Orgel mit mechanischer Traktur und ebenfalls drei Manualwerken und Pedal.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Empore an die Nordseite der Kirche umgesetzt. Die damit verbundene Demontage der Gartner-Orgel begann 1909 – das barocke Gehäuse wurde zwar wieder auf die zweite Empore gesetzt, das Orgelwerk war aber nun nicht mehr spielbar. Vielmehr wurde mit Fertigstellung des Domes eine neue Orgel auf der ersten Empore errichtet, die aus der Werkstatt Josef Melzer (Mölzer) in Kutná Hora stammt, pneumatische Trakturen besitzt und 58 Register auf 3 Manualen und Pedal hat (4475 Pfeifen). Die Disposition entwarf Prof. Antonín Janda; ein von Bedřich Wiedermann konzipierter Großentwurf mit 229 Registern wurde nicht realisiert. Allerdings besteht bis heute die Idee einer Gegenorgel auf der Südseite, für deren Anschluss bereits Registerwippen im Spieltisch vorgesehen sind.
In den Jahren 1970-72 führte die Orgelbaugenossenschaft IGRA eine Renovierung durch. Nachdem die Orgel zuletzt kaum noch spielbar war, fiel 1997 die Entscheidung zu einer Restaurierung und Rückführung auf den Originalzustand. Die Arbeiten führte die Orgelbauwerkstatt Kánský und Brachtl (Krnov) in den Jahren 1999-2001 aus. Am 30. März 2001 fand die Wiedereinweihung der restaurierten Melzer-Orgel statt.
Der Spieltisch steht frei auf der ersten Empore vor dem geräumigen Orgelgehäuse mit Blick ins Kirchenschiff. Die Registerwippen sind im Halbrund und in zwei Reihen rings um die Manuale angeordnet. Rechts neben dem Spieltisch ist eine große Schalttafel für die freien Kombinationen aufgestellt. Die Crescendowalze, Schwelltritte sowie vier Pistons für die festen Kombinationen sind für die Fußbetätigung vorhanden. Alle übrigen Spielhilfen werden über die Registerwippen bedient. Die Orgel ist nach dem elektropneumatischen Kegelladensystem erbaut. Die Manualwerke sind für die Superoktavkoppeln jeweils bis g4 ausgebaut.
I. Manual C – g³ |
II. Manual C – g³ |
III. Manual (SW) C – g³ |
63 Bourdon 16’ 64 Principál 8’ 65 Oktáva 8’ 66 Viola 8’ 67 Roh 8’ 68 Dolce 8’ 69 Flét. duta 8’ 70 Flét. jemn. 8’ 71 Kryt hr. 8’ 72 Tromba 8’ 73 Clairon 4’ 74 Préstant 4’ 75 Flét. rour 4’ 76 Kvint. šust 22/3’ 77 Mixtura 22/3’ |
96 Diaposon 8’ 95 Violon 8’ 94 Kryt dvoj 8’ 93 Portunál 8’ 92 Amabilis 8’ 91 Tibia 8’ 90 Salicional 8’ 89 Salicet 16’ 88 Principál 16’ 87 Dulciana 8’ 86 Roh franc 8’ 85 Aeolus 8’ 84 Copula 4’ 83 Fugara 4’ 82 Kvinta 42/3’ 81 Kvinta 22/3’ 80 Picola 2’ 79 Tercie 13/5’ 78 Mixtura 22/3’ |
97 Kvintaton 16’ 98 Principál 8’ 99 Princ flét 8’ 100 Gamba 8’ 101 Aeolina 8’ 102 Voix celest 8’ 103 Roh lesní 8’ 104 Kryt jemn 8’ 105 Flét. solo 8’ 106 Klarinet 8’ 107 Hoboe 8’ 108 Violino 4’ 109 Flétna travers 4’ 110 Oktáva 4’ 111 Kvinta 22/3’ 112 Flageolet 2’ 113 Tercie 13/5’ |
Pedal C – g¹ |
Spielhilfen |
Spojky / Koppeln |
1 Bombard 16’ 2 Violon bas 16’ 3 Subbas 16’ 4 Kryt tichý 16’ 5 Bas flét. 8’ 6 Bas oktav 8’ 7 Čello 8’ |
12 Rejst. VK 13 Volná Kombinace I 14 Volná Kombinace II 15 Volná Kombinace III 16 Volná Kombinace IV 17 Volná Kombinace V 39 Pedpiano I 40 Pedpiano II 41 Tremolo II 42 Tremolo III
Vypínače / Ausschalter: 8 Jazykú [Zungen] 9 Rejst. taž [Registerabst.] 10 Rejstříkú 16’ 11 Crescenda
Fußtritte: - Forte - Fortis. - Pléno - Tutti |
18 Pedálová I 19 Pedálová II 20 Pedálová III 21 Pedálová-4’ 22 Manuálová II-I 23 Manuálová II-I-16 24 Manuálová II-I-4’ 25 Manuálová III-I 26 Manuálová III-I 16 27 Manuálová III-I 4’ 28 Oktávová I-16 29 Oktávová I-4’ 30 Manuálová III-II 31 Manuálová III-I-16 32 Manuálová III-I-4’ 33 Oktávová II-16 34 Oktávová II-4’ 35 Oktávová III-16 36 Oktávová III-4’ 37 Pedálová III [P auf III] 38 Generální [Generalkoppel] |
Vorgesehene Registerwippen für die noch nicht realisierte Gegenorgel (II+P/30)
A. Manual C – g³ |
B. Manual C – g³ |
C. Manual C – g³ |
124 Bourdon 16’ 125 Flét. dvoj 4’ 126 Fléta Gotická 127 Viol flétn 128 Principál 8’ 129 Kryt hrubý 8’ 130 Fléta basová 8’ 131 Jubal Bifa 8’ 132 Kvintaton 8’ 133 Solocornet 8’ 134 Mixtura 22/3’ 53 Gr. Aeolus 8’ 54 Vox angeli 8’ |
123 Principál 16’ 122 Diapason 8’ 121 Violoncello 8’ 120 Kryt dvoj 8’ 119 Bifara 8’ 118 Philomela 8’ 117 Euphona 4’ 116 Préstant 4’ 115 Fournitura 22/3’ 114 Gr. mixtura 51/3’ 51 Polnice 8’ 52 Šalmaj 8’ |
[Sammelzüge] 55 Solový [Solostimmen] 56 Altový [Alt] 57 Houslový [Streicher] 58 Cimbálový [Cimbeln] 59 Flétnový [Flöten] 60 Dechový [Bläser] 61 Krytový [Gedackte] 62 Basový [Bass] |
Pedal C – g¹ |
Spielhilfen |
46 Gr. bourdon 32’ 47 Kontrabas 16’ 48 Subbas 16’ 49 Krytý bas 8’ 50 Violo bas 8’ |
43 Tremolo B 44 Pleno ABC 45 Vyp[ínač] Rejst. taž ABC [Registerabst. ABC] |
Übersetzungen der tschechischen Registerbezeichnungen:
Flét(n)a Flöte Fléta basová Bassflöte Fléta dutá Hohlflöte Fléta dvojitá Doppelflöte Fléta jemná Zartflöte Fléta rourková Rohrflöte |
Kryt Gedackt Kryt dvojitý Doppelgedackt Kryt hrubý Grobgedackt Kryt jemný Zartgedackt Kryt tichý Stillgedackt Krytý bas Gedacktbass |
Kvinta šustiva Rauschquinte Polnice Feldtrompete
Roh Horn Roh francouzský Frenchhorn Roh lesní Waldhorn |
© Gabriel Isenberg, 2009
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023